Lange her, da hatte TIMElabs einen Researchauftrag (genauer gesagt, es war unser erster, nachdem ich das Unternehmen in einem MBO aus der Telekom herausgelöst hatte), in dem wir herausfinden sollten, in welchen Unternehmen es gelingt, einen kohärenten, erfolgreichen Prozess aufzusetzen, der vom „Whisper of the Future“ (sagen wir: von der Trend-Identifizierung) bis zum fertigen Produkt reicht. Unser Ergebnis: gibt es nicht. Wir waren in der Weltgeschichte herumgejettet und hatten viele gefragt, die es - vielleicht - können. Mais hélas, da war keins.
Wir fanden heraus, dass es diejenigen, die auf das graue Rauschen des Weltenkreisels lauschen und dort die Zukunft husten hören, niemals gelingt, denjenigen ihre Beobachtungen und Ideen zu vermitteln, die das tatsächliche Geschäft „im Markt“ vorantreiben, den operativen Einheiten.
Der Grund dafür, pretty simple: die Zukunft ist einfach zu weit weg, um im Markt Gehör zu finden. Wer Quartal für Quartal dafür gerade stehen muss, dass am Ende die Zahlen stimmen, dem ist das Geklingel des Übermorgens allenfalls interessant. Wirkliche Innovationen, die zunächst durch die gewaltigen politischen Mühlen eines Unternehmens hindurch gegen alle Widerstände und Rechenkunststücke gepaukt werden müssen, bringen die allerschönsten Anlaufverluste. Sonst nichts.
Das ist natürlich nur ein Grund, vielleicht der Wichtigste. Ein anderer ragt, mindestens psychologisch, auch ziemlich weit in die operativen Entscheidungen. „Not invented here.“ Was so ein rechter operativer Haudegen ist, mit breiter Brust und Beinen, der lässt sich von niemandem die Sahne vom Cappucino löffeln.
Ganz gewiss, nein, sogar: natürlich! hat die Kommunikation - und besonders die misslingende - auch einen festen Platz in diesem Gefüge. Und doch gibt es Unternehmen, in denen dieser zarte Überschlag, dieser Lichtbogen gelingt. Unternehmen, die, wie mit den Ohren auf den Schienen, hören, wann und sogar was für ein Zug da kommt; und die daraus ein paar Schlüsse ziehen und denen sogar ein paar Konsequenzen abringen. Und am Ende zur rechten Zeit ein Ding auf den Markt werfen, das haste-noch-nich-jesehn.
Jetzt war die spannende Frage: was zeichnet diese Unternehmen aus? Und eine, wenn nicht die Antwort ist ein wenig schräg. Dazu folgende Geschichte:
In Tokyo bekamen wir damals einen kleinen Teil der Geschichte von der „FeliCa“ erzählt (ein Sony-Produkt); Die Felica eine NFC-Card, die das sichere, (möglichst) kontaktlose Zahlen, zum Beispiel in der U-Bahn, ermöglichen soll. Wir hatten damals mit den verantwortlichen Entwicklern des Produktes gesprochen, Masahiko Itoh und Susumu Kusakabe. Heute ist die Felica ein grosser Erfolg ist.
Die Entwicklung (seit 1985) hatte Unmengen an Zeit und Geld verschlungen, erfolglos; nach sieben Jahren (1992) waren die Verantwortlichen reif und vorbereitet, sich in einsamer Audienz beim grossen Noboyuki Idei ihr Harakiri-Mandat abzuholen. Wir kennen diese rauhkehligen Scenen aus dem Kino, zwei Seelen am Boden, halb schon im Kellergeschoss, hoch oben das steinerne Gesicht des Herrn und Meisters.
Im Ergebnisbericht des Projektes damals hiess es dazu:
- But: Sony failed the criteria due to technical problems; (reader should survive the crash from a 20 lbs block falling down 1m)
- Product management was decided to stop development, but:
- Sony CEO settled not to stop development and asked for solutions – instead of problems
- After solving the technical problems in HongKong (2001), Sony was able to transfer the solution to Tokyo and other places
Ich weiss noch genau, ich selbst habe die Herren Itoh und Kusakabe damals interviewt, wie sich diese Geschichte in mich eingebrannt hat, ich habe sie immer und immer wieder erzählt. Unser Versuch damals und seither, diese Geisteshaltung („… CEO … asked for solutions - instead of problems“) in deutschen Unternehmen aufzuspüren, scheiterte.
In der Untersuchung damals wurde einigermassen deutlich, dass an der Spitze jener wenigen Unternehmen, die bahnbrechende Innovationen in den Markt bringen, ein Despot steht. Fast immer.
Der Umkehrschluss galt nicht: Ein Despot allein ist kein Garant für innovative Entscheidungen. Wie kam ich drauf? (IvD)
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